15.
Verordnung wegen der Prozessionen zu Lichtenau
dto Hildesheim den 10ten Januar 1785.
Die
öffentlichen Bittgänge oder Prozessionen, wenn sie mit schuldiger
Sittsamkeit und guter Ordnung verrichtet werden, sind um so viel mehr,
als eine Gott gefällige Handlung unserer heiligen Religion anzusehen, je
älter ihr Ursprung in der katholischen Kirche ist, und je bekannter die
Wohlthaten sind, die den Allerhöchsten dadurch bewogen, seinem Volke in
allerhand Anliegen hat zufließen lassen; wenn aber mit solchen
Bittgängen Unverständigkeiten und Mißbräuche verbunden sind, so
erfordert die obrigkeitliche Pflicht, daß zu deren Abstellung
zweckmäßige Mitteln ergriffen werden.
Unter
solchen Unordnungen und allgemach eingerissenen Mißbräuchen ist nun
auch hauptsächlich zu rechnen, daß zu Lichtenau 1tens bey der auf S.
Annen Tag nach der Kapelle zu Amerungen üblichen Prozession daselbst
währender Predigt, und Gottesdienst Markt gehalten, Brod und Brantwein
verkauft, gegessen, getrunken und geplaudert werde; sodann 2tens am
heiligen Ostertage von den Einwohnern ein Zug zu Pferde durch die
Feldmark und nachher durch und um den Kirchhof geführt werde, weswegen
die Predigt versäumet, und dieser große Zug der Auferstehung unseres
Heilandes durch schädliche Zerstreuungen entheiligt werde. Wenn Wir nun
solcher Mißbräuchen und Unordnungen ferner nicht nachsehen können, so
verordnen Wir dagegen gnädigst, daß
a.) das
bisher geschehene unziemliche Verkaufen des Brods und Brantweins in der
Zukunft völlig abgestellt bleibe, sollte aber dieses Verbots
unangesehen solche Sachen bey erwehnter Kapelle jemand zum Verkauf
darzustellen sich erkühnen, wollen Wir, daß solche demselben nebst der
ferneren willkührlichen Bestrafung auf die des Endes von unseren des
Orts Beamtens weiter zu machender Verfügung genommen, und nachher unter
die bedürftigen Hausarmen vertheilet werden.
b.) Befehlen
Wir hiermit unter 10 (Talern?) Strafe, daß sich keiner mehr unterstehen
solle, am heiligen Oster= oder anderen Festtägen zu Pferde um die
Feldmark und Kirchhof zu reiten, oder auf andere Weise mit selbigen bey
dem öffentlichen Gottesdienste zu erscheinen, welche Strafe der Orts
Beamte von den Uebertretenen sofort beyzutreiben, oder im
Unvermögensfall dieselbigen, um zur Zuchthausstrafe überbracht zu
werden, anzuzeigen hat.
Damit nun
c.) diese
Unsere Verordnung zu jedermanns Wissenschaft gelange, somit jeder für
Strafe und Ahndung sich zu hüten habe, so befehlen Wir dem Pastor zu
Lichtenau dieselbige an beiden letzten Sonntagen in der Fasten
öffentlich von der Kanzel zu verlesen.
Urkundlich p.p. Gegeben Hildesheim uti supra.
Quelle: Originaldokument in der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek zu Paderborn.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen